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Amtliche Bekanntmachung

30.06.2023 | Mitteilungen

Der Landrat des Landkreises Potsdam-Mittelmark erlässt als untere Wasserbehörde folgende Allgemeinverfügung

Allgemeinverfügung

  1. Der wasserrechtliche Eigentümer- und Anliegergebrauch nach § 26 WHG i. V. m. § 45 BbgWG wird wie folgt beschränkt: Die Wasserentnahme mittels Pumpvorrichtungen aus oberirdischen Gewässern zu Bewässerungszwecken wird untersagt.

  2. Die Bewässerung von Grün- und Gartenflächen privater Haushalte mittels Brunnen wird wie folgt beschränkt:
    Die Bewässerung wird in der Zeit von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr untersagt.

  3. Die Allgemeinverfügung gilt für das Gebiet des Landkreises Potsdam-Mittelmark.

  4. Die Allgemeinverfügung tritt am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft und gilt vorerst bis zum 30.09.2023.

  5. Die sofortige Vollziehung zu Nr. 1 und 2 wird angeordnet.

Rechtsgrundlagen

  • §§ 44, 45 Brandenburger Wassergesetz (BbgWG) vom 13.07.1994 (GVBl. I S. 302) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. März 2012
    (GVBL. I/12 [Nr. 20] zuletzt geändert durch Gesetz vom 04.12.2017 (GVBl. I/17 [28])

  • §§ 100, 46 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 31.07.2009 (BGBl. I S. 2585), zuletzt geändert durch Artikel 2 G. v. 18.08.2021 (BGBl. I S. 3901)
    i. V. m. § 103 BbgWG

  • § 1 Abs.1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) vom 7. Juli 2009 (GVBl. I/09, [12], S. 262, 264),
    zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 8. Mai 2018 (GVBl. I/18, [Nr. 8], S. 4) i. V. m. § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG
    in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Artikel 24 Abs. 3 G. v. 25.06.2021 (BGBL. I S. 2154)

  • § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch
    Gesetz vom 08.10.2021 (BGBl. I S. 4650).

Die Allgemeinverfügung gilt mit dem Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung als bekannt gegeben.

Begründung

Die Entnahme von Wasser aus Oberflächengewässern stellt gemäß § 9 (1) Nr. 1 WHG einen Benutzungstatbestand dar, der nach § 8 (1) WHG einer wasserrechtlichen Erlaubnis bedarf.

Sofern die Entnahme im Rahmen des sogenannten Eigentümer- und Anliegergebrauchs gemäß § 26 WHG i. V. m. § 45 erfolgt und Bundeswasserstraßen und sonstige, der Schifffahrt dienende Gewässer nicht betroffen sind, hat der Gesetzgeber von einer Erlaubnispflicht abgesehen.

Gem. § 44 BbgWG kann die Wasserbehörde im Einzelfall oder durch Allgemeinverfügung die Ausübung eines Teilbereiches des Gemeingebrauches oder den Gemeingebrauch insgesamt regeln, beschränken oder verbieten. Diese Regelungen gelten auch für den Anliegergebrauch (§ 45 BbgWG).

Gem. § 124 Abs. 1 Nr. 3 BbgWG i.V.m. § 126 Abs. 1 BbgWG ist die untere Wasserbehörde des Landkreises Potsdam-Mittelmark für den Vollzug des Brandenburgischen Wassergesetzes zuständig.

Im Rahmen der Gewässeraufsicht nach § 100 WHG i. V. m. §§ 124, 126 BbgWG ist es Aufgabe der unteren Wasserbehörde, die Gewässer, sowie die Erfüllung der öffentlich- rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die auf Grund von Vorschriften des WHG, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Die zuständige Behörde ordnet nach pflichtgemäßem Ermessen Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach Satz 1 sicherzustellen (§ 100 Abs. 1 Satz 2 WHG).

Auch die Grundwasserentnahme gemäß § 46 WHG für den Haushalt einschließlich Gartenwasserbrunnen ist nur dann erlaubnisfrei, wenn keine nachteiligen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt zu besorgen sind.

Gemäß § 5 Abs. 1 Punkt 2 WHG ist durch jede einzelne Person die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwendung des Wassers sicherzustellen. Die zeitliche Einschränkung der erlaubnisfreien Grundwasserentnahmen aus privaten Gartenbrunnen gemäß § 46 WHG ist notwendig, um die hohen Wasserverluste durch Verdunstung, welche durch die Bewässerung tagsüber bei sommerlichen Temperaturen entstehen, zu verhindern.

Vorliegend sind die Voraussetzungen für die uneingeschränkte Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern sowie aus Gartenbrunnen mittels Pumpeinrichtungen zu Bewässerungszwecken nicht mehr gegeben, da aufgrund der bereits außergewöhnlich langanhaltenden, sehr angespannten hydrometerologischen Lage ohne Aussicht auf abflusswirksame und grundwasserstützende Niederschläge im Einzugsgebiet, eine wasserwirtschaftliche Extremsituation eingetreten ist. Diese stellt sich insbesondere durch die stark gesunkenen Pegelwasserstände der Gewässer innerhalb des Landkreises Potsdam-Mittelmark dar. So liegen die Durchflussmengen der überwachten Pegel der Fließgewässer der Havel, Nuthe, Nieplitz sowie der Plane und Buckau als auch der grundwassergespeisten Seen bereits weit unterhalb des Jahreswertes für den mittleren Jahreswasserabfluss. Auf Grund der Trockenheit ist die hydrologische Situation in allen brandenburgischen Flussgebieten weiterhin sehr angespannt. Ebenfalls befinden sich die Grundwasserstände unterhalb des Bereiches langjähriger Mittelwerte bis zum Niedrigwasser (gemessene tiefste Grundwasserstände).

Gerade in den warmen Monaten wird vermehrt Grund- und Oberflächenwasser entnommen und zu Bewässerungszwecken genutzt. Durch die technische Unterstützung (Pumpe) und die Vielzahl der Wasserentnehmer summieren sich die entnommenen Wassermengen erheblich auf. Dies führt insbesondere dazu, dass das ohnehin geringe Wasserdargebot weiter sinkt und durch Niederschläge und Grundwasserneubildung nicht ausgeglichen werden kann. Hierfür sind die sinkenden Oberflächenwasser- und Grundwasserstände Beweis.

Geringe Abflussmengen in Flüssen, geringe Wasserstände in Seen, erhöhte Wassertemperaturen, vermehrtes Algenwachstum und Sauerstoffmangel gefährden den Wasserhaushalt in Menge und Güte sowie Flora und Fauna der oberirdischen Gewässer. Die Verfügung ist verhältnismäßig, um eine nachhaltige Schädigung des Gewässerökosystems innerhalb des Landkreises Potsdam-Mittelmark und der Ober- und Unterlieger über die Kreisgrenzen hinaus zu vermeiden. Durch das Verbot werden die Eigenschaften und der Zustand der Gewässer vor weiteren nachteiligen Veränderungen geschützt. Ein milderes Mittel kommt nicht in Betracht, zumal weiterhin die Entnahme von geringen Wassermengen mittels Schöpfen mit Handgefäßen (Gemeingebrauch nach § 43 BbgWG i. V. m. § 25 WHG9 zugelassen ist und nur der Benutzungstatbestand des Entnehmens mit Pumpeinrichtungen zu Bewässerungszwecken eingeschränkt wird. Auch die zeitliche Beschränkung der Grundwasserentnahme zur Bewässerung von privaten Grün- und Gartenflächen stellt hier das mildeste Mittel dar, da die Bewässerung weiterhin möglich ist und nur die sparsame Verwendung zu verdunstungsärmeren Zeiten angeordnet wird.
Die festgestellte Gefahrenlage für die Allgemeinheit oder für Einzelne überwiegt entgegenstehenden Interessen. Darüber hinaus wird nach heutigem Kenntnisstand niemand von dieser Einschränkung in unangemessener wirtschaftlicher oder sonstiger Weise negativ getroffen. Erforderliche Wassermengen können auch weiterhin aus dem öffentlichen Trinkwassernetz entnommen und zu Bewässerungszwecken eingesetzt werden, sofern der kommunale Träger der öffentlichen Wasserversorgung dies nicht öffentlich untersagt.

Wasserrechtliche Erlaubnisse zum Zwecke der Wasserentnahme sind nicht betroffen.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 der VwGO liegt im überwiegenden öffentlichen Interesse und ist notwendig, um zu verhindern, dass durch die Einlegung von Rechtsmitteln bestehende Wasserentnahmen im Rahmen des Eigentümer- und Anliegergebrauchs uneingeschränkt fortgesetzt werden können und dadurch der zur Aufrechterhaltung der wasserbiologischen Vorgänge erforderliche Mindestwasserabfluss nicht mehr sichergestellt ist. Die Gewässer sowie der Wasserhaushalt sind besonders hohe Schutzgüter. Dahinter hat das Interesse der Eigentümer und Anlieger oberirdischer Gewässer sowie Besitzer von Gartenbrunnen an weiteren uneingeschränkten Gewässerentnahmen zurückzutreten.

Hinweis

Illegale Wasserentnahmen können gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 103 Abs. 2 WHG mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 € geahndet werden.


Bekanntgabe
Gemäß § 41 Abs. 3 Satz 2 VwVfG darf eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Einzelbekanntgabe mit besonderen Schwierigkeiten verbunden oder wie in diesem Fall sogar unmöglich erscheint.


Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid ist der Widerspruch zulässig. Der Widerspruch ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe dieses Bescheides schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen beim Landrat des Landkreises Potsdam-Mittelmark, Niemöllerstraße 1 in 14806 Bad Belzig. Elektronisch kann ein Widerspruch über das besondere Behördenpostfach (beBPo) eingelegt werden; er wäre an den „Landkreis Potsdam-Mittelmark“ zu richten.

Bad Belzig, den 26.06.2023

Gez.
M. Köhler Landrat

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